Nazis in der Nauener Altstadt, Spione in Elstal und kleine Hexen in Ribbeck? Die Filmindustrie ist stets und ständig auf der Suche nach neuen authentischen Filmkulissen für ihren nächsten Blockbuster. Immer häufiger werden die Regisseure sogar im Havelland fündig. Am 29. September reiste eine Gruppe von „Location Scouts“ durch das Havelland, um sich Lost Places und andere zukünftige Drehorte anzuschauen.
Warum suchen Film-Scouts eigentlich ausgerechnet im Havelland nach den zukünftigen Drehorten toller Filme und Fernsehserien? Nun, das liegt natürlich an den zahlreichen wirklich herausragenden Lokalitäten, die das Havelland zu bieten hat. Gebäude mit Geschichte und verwitterte Ruinen lassen das Herz der „Location Scouts“ schnell höher schlagen. Wichtig ist natürlich stets auch die Nähe zum Film-Epizentrum in Babelsberg. Von Potsdam aus ist das Havelland ja nur einen Katzensprung weit entfernt.
Um zehn Location Scouts aus Berlin und Potsdam die cineastischen Schätze des Havellandes zu zeigen, hatten sich das Medienboard Berlin-Brandenburg, die Berlin Brandenburg Film Commission und das Tourismus Marketing Brandenburg zusammengeschlossen, um eine „Locationtour Havelland“ zusammenzustellen.
Christiane Krone-Raab von der Berlin Brandenburg Film Commission: „Wir waren mit den Location Scouts bereits in Eisenhüttenstadt und in Eberswalde. Jetzt haben wir uns das Havelland vorgenommen. Ich denke, wir werden wiederkommen müssen. Das Havelland ist sehr groß – und Rathenow oder Ketzin hatten wir noch gar nicht auf unserer Liste.“
Am 29. September fuhr der Bus mit den Scouts durch das östliche Havelland. Morgens ging es los. Erst in den frühen Abendstunden war der Prüftermin für zukünftige Filmproduktionen beendet.
Der Ausflug begann im Bahntechnologie Campus Elstal, nahm im Bildungszentrum Elstal seinen Fortgang, besuchte Lost Places im Olympischen Dorf Elstal und im ehemaligen Fliegerhorst Schönwalde-Glien (Erlenbruch), um sich anschließend den Stadtkern von Nauen mit der Altstadt und am Ende die Großfunkstelle Nauen anzuschauen.
Unterwegs durfte überlegt werden, welche Filmproduktionen es in der Region bereits gegeben hatte. Und da gab es einige. „Der Trinker“ mit Harald Juhnke ist in der Nauener Altstadt gedreht worden. Hier fanden auch Dreharbeiten für „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino statt. „Bibi und Tina“ von Detlev Buck wurde zum Teil im Maislabyrinth des Nauener Marienhofes gedreht. Die amerikanische Filmserie „Homeland“ hatte Szenen im Olympischen Dorf und auch in Nauen.
Lilian Scharnhorst hat 15 Jahre lang als Location Managerin (deutsch: Motivaufnahmeleitung) gearbeitet und dabei auch „Homeland“ mit betreut. Sie erinnert sich: „Homeland ist jetzt schon wieder sieben Jahre her. Wir haben in Babelsberg gedreht und suchten Drehorte, die nicht so weit weg sind. In der Serie sollte ein Brief aus einer Anlage herausgenommen werden, die nach Kleinstadt aussehen sollte. So sind wir nach Nauen gekommen.“
Der Drehort muss eben zum Drehbuch passen – und nicht anders herum. So haben die Scouts auch einen ganz besonderen Blick auf die Begebenheiten vor Ort.
Christiane Krone-Raab: „Auf unserer Locationtour Havelland fanden die Scouts das Bildungszentrum Elstal sehr spannend. Hier gibt es eben eine Bibliothek, die noch Rollwände hat. So etwas wird oft nachgefragt. Auch die Altstadt von Nauen mit ihren kleinen Fachwerkhäusern ist super geeignet für verschiedene Filmprojekte. Unsere Scouts kennen vieles, aber eben auch noch nicht alles. Bestimmte Orte wie eben Teile vom Olympischen Dorf, der Erlenbruch oder die Funkanlage Nauen lassen sich unter normalen Umständen gar nicht betreten.“
Großfunkstelle Nauen: Hier wurde „Kleo“ für Netflix gedreht
Die letzte Station für die Scouts, das war die berühmte Großfunkstelle Nauen – die älteste und noch immer in Betrieb befindliche Sendeanlage der Welt. Hier in Nauen stehen auf einem eingezäunten 250-Hektar-Gelände noch immer fünf riesige Drehantennen, eine von 1964 und vier von 1997. Sie wurden zunächst von der Deutschen Welle genutzt. Heute wird die Anlage vor allem vom „Adventist World Radio“ gebucht, das religiöse Sendungen in vielen Sprachen in die ganze Welt funkt.
Matthias Quolke von der „Media Broadcast“ ist oft ganz alleine vor Ort, um die Großfunkstelle in Betrieb zu halten und die geplanten Sendungen über den Äther zu senden. Er erzählt: „1906 wurde auf Geheiß des Kaisers mit dem Zusammenschluss von AEG und Siemens die Firma Telefunken gegründet. Sie hat in Nauen eine experimentelle Funkanlage für Weitverbindungen errichtet. So wurden Nachrichten in die deutschen Kolonien in Afrika geschickt.“
1911 konnte so bereits Togo erreicht werden. Erst gab es noch keine eigene Stromverbindung – und Dampfmaschinen stellten die Energie bereit. 1920 entstand ein Gebäude mit einer gewaltigen Halle.
Die Location Scouts interessierten sich weniger für die riesigen Antennen als vielmehr für die große, geflieste Halle mit ihrem ganz eigenen, alten Charme. Sie lässt sich perfekt für Filmaufnahmen verwenden, die in der damaligen Zeit spielen. Es heißt, die Fernsehserie „Babylon Berlin“ habe sich bereits für die Location interessiert. Matthias Quolke: „Zuletzt hat die Netflix-Serie „Kleo“ mit Jella Haase bei uns in der Großfunkstelle Nauen gespielt. Der Rückbau der Kulissen vom letzten Film ist gerade abgeschlossen worden.“
Matthias Kühn vom Tourismusverband Havelland zeigte sich sehr zufrieden von der Tour, auf deren Spuren vielleicht schon bald viele neue Kinofilme und TV-Serien wandeln werden: „Das Havelland ist Filmland. Auch wir vom Tourismusverband haben etwas davon, denn der Filmtourismus ist im Kommen – die Fans möchten gern die Orte besuchen, an denen ihre Lieblingsfilme spielen. Da schließt sich der Kreis.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 200 (11/2022).
Der Beitrag Film-Scouts im Havelland: Hollywood kommt erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).