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Channel: Seite 26 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Die Stadt Falkensee wächst – und zählt nun 45.000 Bewohner!

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Die Stadt Falkensee wächst und wächst. Im Mai verkündete die Meldebehörde, dass ein weiterer Meilenstein erreicht wurde: Inzwischen leben 45.000 Menschen in der Gartenstadt. Bürgermeister Heiko Müller lud die 45.000ste Bewohnerin und ihren Sohn ins Rathaus ein. Es war eine denkwürdige Feierstunde, denn Mutter und Sohn sind Flüchtlinge aus der Ukraine.

„Wir werden immer größer, jeden Tag ein Stück“. Das Lied von Simone Sommerland, Karsten Glück und den Kita-Fröschen gilt auch für Falkensee. Die beschauliche Gartenstadt im Schatten der Mauer legt, seitdem die Mauer gefallen ist, ständig an personeller Größe zu. 1989 lebten noch etwa 21.000 „Alteingesessene“ in der Stadt. Inzwischen hat sich der 45.000ste Bewohner im Meldeamt registrieren lassen.

Bürgermeister Heiko Müller: „Seit vielen Jahren ist es eine Tradition in Falkensee, beim Erreichen eines neuen Meilensteins bei der Einwohnerzahl eine Einladung an die entsprechende Person auszusprechen. Bei dem 45.000sten Bewohner konnten wir nicht ganz klar sagen, ob es die Mutter oder aber der Sohn ist, deswegen haben wir beschlossen – es sind beide.“

Am 16. Mai um 16 Uhr fand die feierliche Begrüßung der neuen Bewohner von Falkensee im Rathaussaal statt. Die große Überraschung: Bei Mutter Maryana Vyshyvanyuk (47) und Sohn Andriy (15) handelt es sich um Ukrainer. Beide sind vor dem Krieg und damit auch vor den russischen Raketen geflohen.

Dass die beiden in Falkensee gelandet sind, ist auch der Verdienst der Rheumaorthopädin und Gastgeberin Dr. med. Monika Schulze-Bertram: „Die große Tochter von Maryana hat bei uns in der Praxis als Werksstudentin gearbeitet. Inzwischen studiert sie Gesundheitswesen an der Charité in Berlin. Als es am 24. Februar mit dem Krieg in der Ukraine losging, haben mich die Bilder nicht mehr losgelassen. Es war ein glücklicher Zufall, dass eine Wohnung, die wir in Falkensee besitzen, zu diesem Zeitpunkt nicht vermietet war. Ich habe sofort eine SMS an Maryanas Tochter geschrieben: Hol deine Familie her. Am 2. März sind Maryana und ihr Sohn in Falkensee angekommen. Mein Mann hat vorher noch eine neue Matratze besorgt und neue Duschvorhänge angeschraubt. Die Teller in der Wohnung sind vom Schwiegervater. Auch ein Fahrrad haben wir organisiert. Zur Begrüßung gab es Kartoffelsuppe.“

Es hat etwa eine Woche gedauert, bis sich die beiden Neuankömmlinge in Falkensee akklimatisiert hatten. Monika Schulze-Bertram: „Wir haben uns bemüht, schnell Strukturen zu schaffen. So hat es nur knapp drei Wochen gedauert, dann konnte Andriy bereits als Gastschüler die 10. Klasse im Lise-Meitner-Gymnasium besuchen. Andriy spricht bereits sehr gut Deutsch, er hat in der Ukraine an einem von der Bundesregierung geförderten Programm zum Deutschen Sprachdiplom teilgenommen. Andriy Vyshyvanyuk: „Englisch ist meine zweite Fremdsprache. Französisch habe ich mir selbst ein wenig beigebracht. Und ein bisschen Russisch spreche ich auch.“

Die Mutter musste ihren Mann und ihren ältesten Sohn in der Ukraine zurücklassen. Maryana Vyshyvanyuk ist studierte Chemikerin und hat in der Ukraine eine eigene Eventagentur betrieben. U.a. hat sie in ihrer Heimat als Hochzeitsplanerin gearbeitet. Sie muss nun noch Deutsch lernen, sagt aber: „Wir bedanken uns sehr für die Aufnahme in Deutschland und für die Zuflucht. Wir wollen nicht auf der faulen Haut liegen. Wir möchten uns nützlich machen und uns einbringen. Wir wissen, dass auch Deutschland wirtschaftliche Sorgen hat. Wir wollen keine Last sein. Eine gute Bildung ist mir für meine Kinder sehr wichtig. Es ist wirklich toll, dass es so schnell mit dem Gymnasium geklappt hat. Andriy arbeitet online weiter an seinem Deutschen Sprachdiplom, das er in der Ukraine ansonsten in der 11. Klasse erhalten hätte.“

Mutter und Sohn stammen aus dem Karpatenvorland, das liegt im Westen der Ukraine. Hier haben sie südlich von Lwiw (Lemberg) gelebt. Maryana Vyshyvanyuk: „Gleich am allerersten Tag des Krieges wurde unser Flughafen von den Russen mit Raketen beschossen. Unser Haus liegt sehr nah an diesem Flughafen. Deswegen haben wir uns zur Flucht entschieden. Über eine App können wir sehen, dass es weiterhin Luftangriffe auf unsere Region gibt. Gerade erst wurden wieder vier Raketen auf Lemberg abgefeuert.“

Bürgermeister Heiko Müller hieß die beiden neuen Falkenseer herzlich willkommen: „Wir haben in Falkensee leider nur sehr wenig Wohnungen, die frei sind. Es ist ein Glück, dass es in diesem Fall gleich eine Wohnung mit Familienanschluss geworden ist. Inzwischen sind in Falkensee etwa 700 Flüchtlinge aus der Ukraine eingetroffen, wobei die meisten von ihnen privat untergekommen sind.“

Die Vyshyvanyuks fühlen sich in Falkensee wohl. Maryana: „Falkensee erinnert mich an die Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin. Mit dem Fahrrad bin ich viel unterwegs. Ich denke, in Falkensee zu wohnen ist besser als in Berlin.“

Würden Mutter und Sohn wieder in die Ukraine zurückkehren, wenn der Krieg vorbei wäre? Da gibt es für Maryana Vyshyvanyuk nur eine Antwort: „Mein Mann und mein großer Sohn sind noch in der Ukraine. Natürlich würden wir wieder zurückkehren. Wir Ukrainer sind wie Ameisen. Was zerstört wurde, bauen wir wieder auf.“

Heiko Müller hofft auf ein baldiges Kriegsende: „Es ist hoffentlich der letzte Krieg in Europa. Russland muss nur verstehen, dass Kriege in unserer Zeit nicht mehr funktionieren.“

Auch wenn die Vyshyvanyuks Falkensee vielleicht einmal wieder verlassen und so die Einwohnerzahl kurzzeitig senken: Der Trend zeigt doch steil nach oben. Bürgermeister Heiko Müller: „Wir denken, dass bei 50.000 Bewohnern das Maximum im Ort erreicht sein wird. Eine Besonderheit wird aber sicher bleiben: Bei uns leben inzwischen Menschen aus über 100 verschiedenen Nationen.“ (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 195 (6/2022).

Der Beitrag Die Stadt Falkensee wächst – und zählt nun 45.000 Bewohner! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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