80 Jahre alt ist Jürgen Nickel von der bekannten Bäckerei und Konditorei Nickel aus Nauen. Seinen Meistertitel als Bäcker hat er seinerzeit bekommen, da war er gerade einmal 20 Jahre alt. Da ist es kein Wunder, dass in diesem Jahr die Handwerkskammer Potsdam an der Haustür des rüstigen Rentners klingelte: Ein besonderes Jubiläum stand an. Jürgen Nickel bekam nämlich feierlich den Diamantenen Meisterbrief überreicht.
Der Stammbaum der Familie Nickel reicht weit zurück. Der erste bekannte Nickel kam aus Bredow, wurde 1726 geboren und war – Landwirt. Jürgen Nickel (80): „Karl Friedrich Adolf Nickel war 1828 der erste Nickel, der eine Bäckerei eröffnete. Seitdem hat jede Generation immer einen neuen Bäcker hervorgebracht, der das Familienunternehmen weitergeführt hat. Ich wollte eigentlich einmal Schlosser werden.“
1968 übernahm Jürgen Nickel trotzdem das Geschäft seiner Eltern. Seinen Meistertitel als Bäcker bekam er schon mit 20 Jahren – als damals jüngster Bäckermeister im Bezirk Potsdam. Zwei Jahre später wurde er auch noch Konditormeister.
In diesem Jahr – und zwar genau am 27. Juni – jährte sich für Jürgen Nickel das 60. Meisterjubiläum als Bäcker. Etwas verspätet stand Ralph Bührig als Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam am 25. August vor der Tür des Privathauses von Jürgen Nickel, um zusammen mit dem Obermeister der Bäckerinnung Olaf Kreuschner und dem Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Havelland Rainer Deutschmann den Diamantenen Meisterbrief zu übergeben – natürlich verbunden mit den besten Wünschen für die Zukunft.
Jürgen Nickel führte die Geschicke der seit 1885 in Nauen ansässigen Familienbäckerei insgesamt 30 Jahre lang. Er bildete über 30 Kollegen im Bäcker- und Konditorenhandwerk aus. Und übergab die Geschicke des Unternehmens 2002 in die Hände von Sohn Holger. Inzwischen gibt es nur noch das Altstadtcafé in der Nauener Marktstraße.
Jürgen Nickel, der 45 Jahre lang morgens um zwei Uhr aufgestanden ist und 17 Jahre lang Obermeister der Bäckerinnung war: „Was wir früher in der Backstube gemacht haben, ist ganz anders, als das, was heute passiert. Die Technik war anders, der Bedarf war anders. Ein Problem ist leider, dass heute niemand mehr so richtig arbeiten und nachts aufstehen möchte. Es ist schwer, Nachwuchs zu finden.“
Und so musste damals auch Sohn Holger ran. Der hatte erst Elektriker gelernt und wollte am liebsten Lehrer für Sport und Geschichte werden. Am Ende rief dann aber doch wieder das Familienunternehmen.
Im Betrieb gibt nun Holger Nickel den Ton an. Papa Jürgen besucht aber weiterhin jeden Tag das Altstadtcafé, schaut nach dem Rechten, trinkt einen Kaffee – und kümmert sich um die Bepflanzung des Cafés: „200 Tulpenzwiebeln habe ich gesetzt. Als die Tulpen geblüht haben, waren wir im Corona-Lockdown – und niemand hat es gesehen.“
Der deutliche Zuzug neuer Bürger in die Peripherie von Nauen bringt für das Altstadtcafé leider nur wenig. Holger Nickel: „Viele Zugezogene schlafen hier nur. Sie arbeiten in Berlin und haben die Altstadt von Nauen noch gar nicht entdeckt. Hier kann man am Samstag weiterhin gegen Mittag die Bürgersteige hochklappen. Wir freuen uns über viele Fahrradtouristen, alleine von Nauen könnten wir nicht leben.“ Holger Nickel (58) möchte noch etwa drei Jahre arbeiten, dann steht auch bei ihm der Ruhestand an. Ein Nachfolger für das Familienunternehmen ist nicht in Sicht. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 187 (10/2021).
Der Beitrag 60 Jahre Meister: Diamantener Meisterbrief für Bäckermeister Jürgen Nickel aus Nauen! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).