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Channel: Seite 26 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Wollen wir das? Milliarden-Investitionen in Brieselang möglich!

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Der Berliner Speckgürtel wird für Logistiker, Solarpark-Betreiber und andere Großinvestoren immer interessanter. Allein – es fehlt in Brandenburg an entsprechenden freien Gewerbeflächen. Über ein halbes Dutzend Investoren hat nun Brieselang ins Auge gefasst: Es geht um weit über eine Milliarde Euro Investitionsvolumen, über tausendfünfhundert neue Arbeitsplätze und um jährliche Millionensteuern für die Gemeinde. Allein – die dafür nötigen Flächen sind noch gar nicht entwickelt.

Im „GVZ Berlin West Teilfläche Brieselang“ hat sich schon vor Jahren Amazon Brieselang niedergelassen – und verschickt von hier aus Waren in alle Himmelsrichtungen. Direkt daneben bietet Fiege Logistik vor allem für Modeunternehmen wie Zalando, Garry Weber, Hallhuber oder Mango an. Auch das Unternehmen Saint-Gobain ist mit einer Rigips-Fabrik vor Ort aktiv.

Das Gelände vom Brieselanger Güterverkehrszentrum hat aber noch Potenzial für „mehr“ – und das haben viele Investoren bereits erkannt. Sie stehen Schlange, um viel Geld für eine Präsenz vor Ort auszugeben. Für die Unternehmen wäre ein Investment in Brieselang aufgrund der perfekten Lage vor den Toren Berlins äußerst wichtig. Brieselang könnte von den neuen Ansiedlungen ebenso profitieren, wie die Gemeinde Wustermark das mit dem eigenen Güterverkehrszentrum dank einer fast vollständigen Auslastung bereits tut: Die Unternehmen zahlen hohe Gewerbesteuern, mit denen die Gemeinde anschließend Schulen, Straßen, Kitas, Sportplätze und andere Knotenpunkte der Infrastruktur finanzieren und bauen kann.

Das große Problem in Brieselang ist, dass es für das bestehende GVZ keine „gemeinschaftliche Beschlusslage zu einem B-Plan-Entwurf“ gibt – der alte B-Plan 110 ist erloschen. Dass bedeutet, dass es beträchtliche Vorarbeiten geben müsste, um überhaupt den rechtlichen Rahmen für eine Neuansiedlung neuer Investoren auf den noch freien Flächen zu schaffen. Und einige der Investoren, die an Brieselangs Rathaustür klopfen, bräuchten darüber hinaus sogar ein paar Hektar Flächen, die zurzeit noch gar nicht für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen sind. Wald und Wiese müssten hier weichen. Vor allem auf der westlichen Seite der Autobahn.

Bauamtsleiter Uwe Gramsch formulierte deswegen ganz vorsichtig die drängendste Frage passend zu den Investorenanfragen: „Will man das überhaupt?“

Am 11. August stellten sich aus diesem Grund acht Investoren auf der Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses vor – sie hielten kurze Vorträge und stellten ihre Ideen vor. Das war wichtig. Denn um den zukünftigen B-Plan zu entwickeln, Planungssicherheit herzustellen und die verschiedenen Investments voranzubringen, muss die Gemeindevertretung dem Projekt zustimmen. Auch die Bürger müssen gehört werden. Die äußerten bereits im Vorfeld Bedenken vor allem wegen der möglichen Lärmbelästigung. Die Gemeinde selbst sieht hingegen die einmalige Gelegenheit, eine gewaltige zukünftige Steuereinnahmequelle anzuzapfen.

Uwe Gramsch: „Es gibt einen klaren Handlungsbedarf, aber auch große Chancen für die Gemeinde. Damit dieses gewaltige Projekt gelingt, müssen Gemeinde, Kreis und Land gemeinsam an einem Strang ziehen. Alle müssen es wollen.“

Da geht es etwa darum, Landschaftsschutzgebiete in Bauland umzuwidmen, Waldbereiche zu roden, über einen eigenen Autobahnzubringer von der A10 zu sprechen, einen Brieselanger Schiffsanleger am Kanal anzudenken und vielleicht bei der nahen Bahntrasse einen eigenen Haltepunkt für die zukünftigen Mitarbeiter ins Gespräch zu bringen.

Roland Gramm: „Wir haben im Vorfeld mit vielen Behörden gesprochen. Die Größenordnung des Investmens ist ja für unsere Gemeinde absolut unüblich.“ Brieselang wurde in diesen Gesprächen zugesichert: Wolle man als Gemeinde den Weg mit den Investoren gehen, dann würde man diesen Weg gern gemeinsam beschreiten.

Sylke Wilde von der Wirtschaftsförderung Brandenburg: „Der Wirtschaftswachstum in Brandenburg wird gebremst durch die fehlenden Flächen. Wir begrüßen deswegen die Entwicklung in Brieselang sehr.“

Rechenzentrum, Solarpark, Logistik, Edeka und LIDL: Die Investoren haben viel vor!

Ein Unternehmen, das sich dem Ausschuss am 11. August vorstellte, ist bereits im GVZ Wustermark aktiv – Saint-Gobain mit der Rigips-Fabrik. Das Unternehmen muss sich im GVZ erweitern, um den eigenen Standort fortan weiter nutzen zu können.

Der technische Direktor Frank Kruysen erklärte: „Wir sind seit 20 Jahren gerne hier und müssen nun eine Standortsicherung betreiben. Wir beziehen sogenannten Rea-Gips als Rohstoff direkt von den Kohle-Kraftwerken. Da diese nach und nach abgeschaltet werden, müssen wir bis 2024 auf Naturgips umstellen. Wir sind in Zeitnot.“

Das Unternehmen muss im Zuge der Umstellung eine neue Kalzinierungsanlage für Naturgips bauen und auch eine neue Lagerhalle errichten. 25 Millionen Euro sind dafür eingeplant. Saint-Gobain kann mit der Planung loslegen, weil Bestandsunternehmen sich ohne weitere Verfahren um 20 Prozent erweitern dürfen.

Fiege bietet Logistik „für Marktführer und die, die es werden sollen“. Gegenüber der bereits vorhandenen Logistikhalle vor allem für den Modebereich sind vor Ort gleich drei weitere Bauten geplant – zwei davon gegenüber von Amazon (mit je 30.000 und 20.000 Quadratmeter Hallenfläche und jeweils 100 bis 150 neuen Mitarbeiter) und eins auf der anderen Seite der Autobahn (bis zu 250.000 Quadratmeter Hallenfläche, 250 bis 1.000 neue Mitarbeiter). Fiege-Manager Thoralf Schuster: „Vor allem im Health-Care-Bereich möchten wir uns weiterentwickeln.“

Das Unternehmen Garbe (Industrial Real Estate) entwickelt bereits in sechs Ländern große Unternehmensimmobilien, die anschließend an Firmen vermietet werden. In Falkensee entsteht zurzeit eine große Logistik-Immobilie, in Brieselang soll eine weitere folgen – und zwar am liebsten auf der noch unverbauten 25.000 Quadratmeter großen Grünfläche gleich neben dem Amazon-Gebäude.

Das neue Gebäude würde bei einer Realisierung eine Halle mit 10.500 Quadratmetern Fläche bieten, die sich auch zweiteilen ließe. Hinzu kommen 1.152 Quadratmeter für Büro- und Sozialflächen. Als Kunden hätte Garbe die Logistik, das verarbeitende Gewerbe, eine leichte Produktion oder aber Unternehmensauszüge aus dem Berliner Stadtgebiet im Auge.

Manager Jakob Zurell: „Pro Schicht könnten hier 80 Mitarbeiter beschäftigt werden.“

Richtig spannend wird das Bauprojekt der Berliner Trigon Immobilien Holding mit ihrem Partner Stratus aus Singapur. Sie planen vor Ort das „Rechenzentrum Brieselang„. Das Unternehmen betreibt bereits weltweit zehn große Rechenzentren u.a. in Dublin, Mailand, Singapur, Mumbai und Melbourne, vier weitere sind zurzeit in der Entwicklung.

Klaus Groenke von Trigon: „Wir sind bereits seit 2019 im Gespräch über das passende Grundstück in Brieselang. Die E.ON E.DIS würde uns vor Ort 100 MegaWatt Leistung zur Verfügung stellen. Das entspricht dem dreifachen Stromverbrauch der Stadt Potsdam.“

Das Unternehmen rechnet mit einem Investment vor Ort in Milliardenhöhe – und gibt bekannt, dass pro Jahr bis zu 3,8 Millionen Euro an Gewerbesteuern anfallen könnten. Zugleich gäbe es beim Rechenzentrum keinen LKW-Verkehr, da die Daten ja nur einen Informations-Highway benötigen und keine echte Autobahn. Allerdings müsste auf der ausgeguckten Fläche Wald abgeholzt werden. Das Unternehmen stellt aber Ersatzpflanzungen in Aussicht.

Klaus Groenke: „Es fehlt nur die Zustimmung der Gemeinde. Wir möchten schnell mit dem Investment beginnen.“

Nutznießer des neuen Rechenzentrums, das eins der modernsten in ganz Deutschland werden würde, könnten große Unternehmen wie Tesla sein, die sich zunehmend im Berliner Raum ansiedeln. Für das Rechenzentrum würde die E.ON E.DIS ein eigenes Umspannwerk bauen. 150 bis 180 neue Arbeitsplätze würden vor Ort entstehen.

Für Fotovoltaik und die damit einhergehenden Solarparks möchten gleich zwei Unternehmen in Brieselang an den Start gehen. Die Leipziger Stadtwerke denken nach Norden und würden gern auf einer Fläche von 1,6 Hektar 4.900 Fotovoltaikmodule gegenüber von Amazon an der Autobahn A10 aufstellen. Die Anlage würde eine Leistung von 1,8 MWp (Megawatt Peak) erzeugen.

Auch die E.ON Energie Deutschland Vertriebsgruppe hat ein Interesse an Brieselang und möchte hier im großen Stil Solaranlagen aufstellen. Manager Christian Wasserrab brach auf der Veranstaltung eine Lanze für die Krafte der Sonne: „Die Sonne liefert uns in einer Viertelstunde die Energie, die die Menschheit in einem ganzen Jahr verbraucht. Wir verkaufen nicht nur Strom, sondern beteiligen uns sogar an seiner Erzeugung. Mit Fotovoltaik kann man Strom für 6,5 Cent erzeugen – und es entsteht dabei kein Kohlendioxid.“

Die Investoren würden so viel Fläche in Anspruch nehmen, wie ihnen angeboten würde. Der erzeugte Strom könnte ins öffentliche Netz eingespeist, gern aber auch direkt den anderen Firmen im GVZ zur Verfügung gestellt werden.

Zwei Investoren, die sich dem Gemeindeentwicklungsausschuss vorgestellt haben, finden im aktuellen GVZ zur Zeit noch gar keinen Platz. Für sie müsste die bestehende Fläche deutlich erweitert werden. So würde die Schwarz Gruppe gern für ihre Stiftung LIDL International ein Versorgungszentrum für die Logistik des Unternehmens in Brieselang errichten.

In Deutschland gibt es 3.200 LIDL-Filialen, die zurzeit von 39 Versorgungszentren mit Waren bestückt werden. Im Großraum Berlin sind drei Versorgungszentren im Einsatz, die in Kremmen, Großbeeren und Freienbrink zu finden sind und 229 Filialen versorgen. DIe Filialexpansion und auch die Sortimentsentwicklung machen nun allerdings einen weiteren Standort nötig. Brieselang ist für LIDL vor allem wegen der A10-Anbindung sehr interessant.

Um das Versorgungszentrum bauen zu können, bräuchte LIDL eine Fläche von bis zu 160.000 Quadratmetern. 350 neue Arbeitsplätze könnten vor Ort entstehen, darunter 20 Prozent in der Verwaltung.

Sollte das Versorgungszentrum in Brieselang entstehen können, rechnet das Unternehmen bis zum Jahr 2030 mit Maximalwerten von 275 LKWs am Tag.

Auch die EDEKA Minden-Hannover als eine von sieben EDEKA-Regionalgesellschaften expandiert in ganz Deutschland – 1.469 Märkte gibt es bereits. David Hergt: „Berlin-Brandenburg ist für uns ein klarer Expansionsschwerpunkt. Was wir in der Region an Lagerflächen haben, reicht allerdings bei weitem nicht aus.“

Das Unternehmen würde sehr gern ein neues Logistikzentrum Brieselang errichten, um 350 EDEKA-Einzelhändler in Berlin und Brandenburg zu beliefern. EDEKA sucht dafür ein Grundstück mit einer Fläche von bis zu 50 Hektar, um ein Zentrallager mit 150.000 Quadratmetern Lagerfläche zu errichten. Dafür würde das Unternehmen bis zu 600 Millionen Euro investieren und bis zu 900 Mitarbeiter einstellen.

Wie geht es nun weiter?

So viele Investoren, so viele Wünsche, so viele Chancen – so viele Gewerbesteuern!

Klar, dass die Gemeinde Brieselang die Steuern in Millionenhöhe gern für sich vereinnahmen würde. Allerdings gilt es nun, mit den Bürgern zu sprechen, Machbarkeitsstudien durchzuführen, Grundstücksfragen zu klären und einen neuen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Das alles kann noch Jahre dauern – oder vielleicht sogar ganz scheitern.

Die große Frage ist natürlich auch die: Wo sollen eigentlich die ganzen Mitarbeiter herkommen, die hier bereits eingeplant werden? (Text/Fotos: CS / Grafiken: Gemeinde Brieselang)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 186 (9/2021).

Der Beitrag Wollen wir das? Milliarden-Investitionen in Brieselang möglich! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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