Wer von Brieselang kommt, über den Kanal fährt und Richtung Nauen unterwegs ist, braucht hinter Alt-Brieselang nur kurz zu blinzeln – und hat sie schon übersehen. An der rechten Seite – kurz vor dem Abzweig nach Pausin – steht eine steinerne Säule mitten im Laub. Als hätte Obelix einen rechteckig geformten Hinkelstein im Wald abgestellt. Wer langsam fährt und genau hinsieht, bemerkt auf dieser steinernen Säule Richtungspfeile, die nach Pausin, Nauen, Falkensee und Perwenitz weisen.
Karl-Heinz Graffenberger aus Pausin setzt sich seit Jahren für die Restaurierung dieser Säule ein und erklärt: „Die Verkehrsäule wurde im Mai 1937 zur Förderung des Fremdenverkehrs aufgestellt. Ursprünglich sollte ein ganzes Netz mit diesen Verkehrssäulen entstehen. Errichtet wurde aber nur eine zweite Säule in Spandau, die genau an der Ecke Pichelsdorfer und Heerstraße zu finden war. Der Heimatverein Spandau Wilhemstadt-Pichelsdorf bemüht sich zurzeit sehr um ihren Wiederaufbau.“
Die Brieselanger Verkehrssäule stand noch bis 2008 genau im Zentrum einer Straßenkreuzung, bevor sie durch den Umbau der Landesstraße etwas unscheinbar an ihren Rand wanderte. Auch die Jahre sind mit der Brieselanger Verkehrssäule nicht eben sorgsam umgesprungen. Vor allem die acht Keramiktafeln der Säule waren arg beschädigt. Vier der Tafeln zeigen Richtungspfeile und die Namen der Ortschaften. Die anderen vier präsentieren kunstvoll gestaltete Symbole für die genannten Orte. Frühere Touristen und Havelländer konnten auf der Säule den Karpfen aus dem Wappen von Nauen, die Bockwindmühle für Perwenitz, die Getreideähre für Pausin und einen Krug samt Fink für Finkenkrug ausmachen.
Karl-Heinz Graffenberger, der sich zusammen mit Rolf Zimmermann von der Forschergruppe Meilensteine um die Erhebung der Geschichte und die Restaurierung der Säule verdient gemacht hat: „Mir ist die Säule bereits vor 15 Jahren aufgefallen. Der Zahn der Zeit hatte an ihr genagt, das fand ich sehr schade. Die Keramiken für Perwenitz und Pausin waren relativ gut erhalten, Nauen war beschädigt und Finkenkrug war eigentlich gar nicht mehr vorhanden. Da mussten wir erst recherchieren: Wie sah die Tafel damals eigentlich aus? Wir haben sogar neben der Säule gebuddelt und tatsächlich noch alte Scherben gefunden. Die haben uns dann immerhin noch bei der Farbgebung geholfen.“
Denn klar war schon bald: Es wäre doch wirklich schön, wenn man die alten beschädigten Keramiktafeln gegen neue austauschen könnte. Karl-Heinz Graffenberger: „Da haben wir freilich Glück gehabt, dass die Verkehrssäule kein Denkmal ist, sonst wäre das nicht so leicht möglich gewesen.“
Die Originalkeramiken hatte der Falkenseer Künstler Gottfried Kappen entworfen. Gebrannt wurden sie ursprüglich in der „Ofenfabrik und Keramische Werkstätte A. Schmidt-Lehmann und Co.“ in Velten.
Karl-Heinz Graffenberger: „Für uns hieß es aber erst einmal im Jahr 2016, die nötigen Finanzen aufzubringen. Die Brieselanger Verkehrssäule steht eigentlich auf Nauener Boden. Aber auch Brieselang, Falkensee und Pausin sind hier nicht weit. Das Klinkenputzen führte aber leider zu nichts, die Ortschaften wollten kein Geld dazugeben. Eine erste Anschubfinanzierung haben wir vom Förderverein des Museums und Galerie Falkensee erhalten.“
Bewegung kam erst über den Kreistagsabgeordneten Tobias Bank aus Wustermark in die Geschichte. Er stellte einen Kontakt zum Landrat her. Der wusste, dass das Land auch für den Randstreifen der Landstraßen verantwortlich ist. Der Landesstraßenbau West hat schlußendlich die fehlenden Finanzen beigesteuert.
Karl-Heinz Graffenberger: „Auch Bärbel Eitner als ehemalige Ortvorsteherin in Pausin hat sich in der Gemeindevertretung sehr dafür stark gemacht, Mittel zur Finanzierung zu bewilligen. Eine große Hilfe war uns Bodo Oehme, Bürgermeister von Schönwalde-Glien, wozu ja Pausin gehört. Er hat im November 2018 einen Vertrag mit dem Landesstraßenbau über die Restaurierung abgeschlossen. Schönwalde-Glien übernahm die Kosten des Aus- und Einbaus der Keramiken. Die Kosten der Herstellung wurden vorfinanziert und dann vom Landesstraßenbau zurückerstattet.“
Veiko Minge hat im Frühjahr 2019 Abgüsse von den verbliebenen Kacheln vor Ort genommen und daraus Modelle und Formen für die neuen Keramiken gefertigt, die in der Firma BOS Keramik Velten hergestellt wurden. Karl-Heinz Graffenberger: „Das war nicht einfach, weil die Keramiken entweder beim Trocknen oder beim Brennen immer wieder Risse bekommen haben.“
Restaurator Konrad Simon und Bildhauer Thomas Klemm kümmerten sich um die Demontage der alten Keramiken und am 21. September 2020 um den Einbau der neuen Wappentafeln und der Schilder mit den Ortsnamen.
Karl-Heinz Graffenberger: „Abgeschlossen haben wir die Geschichte am 18. November, indem wir direkt neben der Verkehrssäule eine Infotafel mit der spannenden Historie der Restaurierung angebracht haben. Touristen, die hier innehalten, können sich nun genau informieren.“
Eine interessante Anekdote am Rande: Die Brieselanger Verkehrssäule hat einige steinerne Brüder im Geiste – die 1836 aufgestellten „Meilensteine“, die entlängs der B5 zu finden sind. Rolf Zimmermann: „1872 hat man die Entfernungen nicht mehr in preußischer Meile angegeben, sondern in Kilometern. Passend dazu wurden alle Meilensteine umgestellt. Sie standen nun nicht mehr im Abstand von einer preußischen Meile, was 7532 Metern entspricht, sondern immer zehn Kilometer voneinander entfernt. Einige Meilensteine wurden demnach aussortiert. Wir dachten, unsere Brieselanger Verkehrssäule wäre so ein aussortierter Meilenstein. Aber unsere Säule ist aus Beton und nicht aus Sandstein wie die Meilensteine.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 177 (12/2020).
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