Manchmal hat sich die Natur ein Gelände so nachdrücklich zurückerobert, dass es schwer fällt, dem Bewuchs mit Mensch und Maschine Herr zu werden. Das ist aber kein Problem, weiß Schäfer Olaf Kolecki (57). Dann schickt er eben seine paarhufigen Helfer ins Rennen, die mit ihrem raspligen Zahnwerk und einem nie versiegenden Hunger die Sysyphusarbeit auf sich nehmen.
In diesem Herbst konnte Olaf Kolecki seine Schafe bereits zum wiederholten Mal auf dem Grünzug an der Ecke Kölner und Solinger Straße in Falkensee vom Hänger lassen: „Um das Gelände hat man sich viele Jahre lang nicht gekümmert, jetzt erledigen die Schafe die Landschaftspflege. Sie fressen sich in wenigen Wochen durch die Vegetation und machen auch vor dem heruntergefallenen Laub und den Kastanien nicht Halt. Wenn sich die Schafe erst einmal ein paar Jahre um den Grünzug gekümmert haben, dann wird man das richtig sehen können. Englischer Rasen wird hier zwar natürlich nie wachsen. Aber die offene Wiesenlandschaft bleibt erhalten, sie ist ja auch Zuflucht für viele Tiere. Viele Fasane brüten hier in der Gegend. Ohne die Schafe würde sich die Wiesenlandschaft schon bald in ein kleines Wäldchen verwandeln. Und das wünscht sich hier niemand.“
Im letzten Jahr zupften sich 70 Skudden-Schafe und eine Ziege durch die Vegetation. In diesem Jahr befreiten 50 Schafe und zwei Ziegen die Pflanzen von ihren Blättern. Olaf Kolecki: „Dieses Jahr war alles durcheinander. Neben den Skudden kamen auch Bentheimer Landschafe, Rauhwollige Pommersche Landschafe und Merino-Kreuzungen zum Einsatz. Die Girgentana-Ziegen waren mit dabei, weil sie sehr gern aufschießende Baumschößlinge fressen.“
Knapp drei Monate waren die Tiere vor Ort an der Kölner Straße – sehr zur Freunde von vielen Kindern, die hier nicht selten zum ersten Mal Schafe und Ziegen aus unmittelbarer Nähe gesehen haben. Olaf Kolecki: „Das freut mich, wenn die Nachbarn und Anwohner die Anwesenheit der Tiere so positiv aufnehmen. Ich bitte nur immer darum, dass die Tiere nicht gefüttert werden. Da kann viel schiefgehen, wenn die Schafe und Ziegen Nahrung bekommen, die sie nicht vertragen.“
Am 5. November wurden die gemütlichen Wiederkäuer wieder eingesammelt. Olaf Kolecki: „Sie waren sehr fleißig und haben das ganze Gebiet von aufschießenden Pflanzen befreit. Es war höchste Zeit, dass ich sie hole, es gibt nun vor Ort nicht mehr wirklich viel zu fressen. Nächstes Jahr würde ich die Schafe gern früher auf die Wiese stellen, dann sind die Stängel der Goldrute noch weicher und werden mit aufgefressen. Die Schafe kommen jetzt nach Hause in den Erlenbruch. Da gibt es noch ausreichend Futter den Winter über. Auch werden unsere Schafe jetzt wieder nach Rassen getrennt, zu Deckgruppen zusammengeführt und hier mit dem Bock verpaart. Damit es zu Ostern wieder Lämmer gibt. Wir sind dabei, unsere Herde mit etwa 400 Tieren deutlich zu verjüngen. Unsere Tiere sind vier bis zehn Jahre alt.“
Olaf Kolecki hat in Falkensee ordentlich etwas zu tun. In der Sonnenstraße haben sich die Ziegen um die Rubienbekämpfung gekümmert. Am Bahnhof Finkenkrug waren auch 20 Schafe im Einsatz. Sogar auf dem Falkenseer Friedhof nagten sich die „Mähwerke“ durch die Vegetation. Olaf Kolecki: „Es können gern noch mehr Aufträge werden. Der Einsatz der Schafe ist eine rein natürliche, ‚grüne‘ Maßnahme ohne Chemikalien, die sehr effizient zu einem sichtbaren Ergebnis führt. Ich danke der Stadt Falkensee sehr für die Beauftragung und würde gern noch mehr Einsätze auch in den Nachbargemeinden erhalten.“
Ein Lieblingsschaf hat der Schäfer nicht. Oder anders gesagt: Es sind alles seine Lieblingsschafe: „Jedes Schaf hat seinen ganz eigenen Charakter. Eine gemischte Herde, wie wir sie jetzt an der Kölner Straße zu stehen hatten, ist recht schwer zu handhaben. Das ist bei einer reinrassigen Herde einfacher. Übrigens braucht kein Schafsfreund Angst vor giftigen Pflanzen zu haben: Die Tiere wissen ganz genau, was sie fressen dürfen und was nicht.“
Corona bremst leider auch den Schäfer aus: „Die Behörden arbeiten langsamer, mein Mitarbeiter aus dem Flüchtlingsheim ist in Quarantäne, der Absatz von Schafsfleisch an die Restaurants nimmt ab und die Bockauktionen finden zurzeit nur noch online statt. Da passiert aber nicht viel, das ist wie beim Gebrauchtwagenkauf: Man möchte das Auto ja auch nicht blind kaufen – und wenigstens eine Probefahrt machen.“
Ein Thema, das den Schäfer und seinen Sohn Fritz noch lange beschäftigen wird – die großen Beutegreifer. Das sind in Brandenburg etwa der Adler und der Wolf.
Olaf Kolecki: „Brandenburg hat die größte Population von Wölfen in ganz Deutschland. Manche Experten sagen, dass wir inzwischen weltweit die größte Wolfsdichte haben. Zum Glück haben wir in Brandenburg viel erreichen können bei den Politikern. Wir sind wohl das erste Bundesland, das den Schäfern die Ausgaben für die nötigen Präventionsmaßnahmen erstatten möchte. Wenn wir den vollumfänglichen Herdenschutz bezahlt bekommen, dann bringen uns Schäfer die Wölfe wenigstens nicht mehr um unsere Existenz.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 177 (12/2020).
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