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Channel: Seite 26 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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91 Nationen leben in Falkensee: Egle Bujk – Ausgewandert aus Litauen, der Liebe wegen…

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Falkensee 08 03 LitauenIm FALKENSEE.aktuell-Heft 85 haben wir festgestellt, dass Menschen aus 91 Nationen in Falkensee leben. Nun lassen wir in jedem Heft eine andere Nation zu Wort kommen. In dieser Ausgabe meldet sich Egle Bujk zu Wort. Die Litauerin wurde 1976 in Middlesbrough Panevezys, arbeitet als Kosmetikerin und Fußpflegerin in eigener Praxis und lebt seit 2003 in Falkensee.

Als ich vor fast 18 Jahren aus Litauen nach Deutschland gekommen bin, da wußte ich über meine neue Heimat genauso wenig wie die meisten Deutschen über Litauen …

Ich hätte mir damals nicht träumen lassen, dass ich heute in Falkensee lebe, zwei süße kleine Kinder habe und als selbstständige Kosmetikerin und Fußpflegerin in meiner eigenen Praxis arbeite. Aber schön der Reihe nach.

Ich komme aus Litauen, dem südlichsten der drei baltischen Länder. Litauen, Lettland und Estland waren die ersten Sowjetrepubliken, die sich Anfang der 90er Jahre von der UdSSR abtrennten.

Litauen ist sehr grün und sehr klein, etwa so groß wie Bayern, bei etwa so vielen Einwohnern wie Berlin. Meine Heimatstadt Panevezys ist mit knapp 100.000 Einwohnern die fünftgrößte des Landes.

Dass es mich 1995 nach Deutschland verschlagen hat, ist sicher dem Schicksal zu verdanken, denn ich glaube nicht an Zufälle. In dem Jahr fand in meiner Heimatstadt die Weltmeisterschaft im „Double Ironman Triathlon“ statt. Ich war aktive Leichtathletin und dem Sport sehr verbunden, daher sagte ich auch sofort zu, als man mich fragte, ob ich nicht bei diesem Event als Athleten-Betreuerin mithelfen wollte. Es war mir eine Ehre, war es doch das größte Sportereignis seit der Unabhängigkeit Litauens. Was ich nicht ahnen konnte, war, dass ich dadurch meinen späteren Ehemann Ole Bujk kennenlernen sollte…

Erst war ich enttäuscht, dass ich einem deutschen Starter helfen sollte, denn ich sprach neben Litauisch und Russisch nur ein wenig Englisch, aber gar kein einziges Wort Deutsch. Aber man sollte sich eben nicht wehren, wenn das Schicksal mit einem spielt.

Ole wurde 4. beim Triathlon. Die ersten drei Sportler erhielten Pokale, er gewann dafür mein Herz. Unser Anfang war nicht einfach – über die Grenzen hinweg. Es gab noch eine Visumspflicht, kein Internet, nur schlechte Telefonleitungen und langsame Briefträger…

Mit viel Geduld und Zielstrebigkeit ertrugen wir die Bürokratie und räumten die Hindernisse aus dem Weg. Ich machte mich umgehend daran, Deutsch zu lernen, was ich bereits nach 1,5 Jahren ganz ordentlich beherrschte. Nach unserer schnellen Hochzeit 1996 durfte ich auch arbeiten gehen. Da Ole noch studierte, ging ich für uns in einer Fabrik arbeiten, um für uns und unsere kleine Charlottenburger Wohnung zu sorgen. Schon damals hatte ich aber ein Ziel: Irgendwann einmal unabhängig arbeiten zu können, im Bereich Kosmetik und Beauty mit eigener Praxis.

Denn das war schon in Litauen mein großer Traum gewesen. Daher ging ich neben der Schichtarbeit in Siemensstadt auch zusätzlich zur Kosmetikschule und büffelte den Stoff für die Ausbildung zur staatlich geprüften Kosmetikerin und Fußpflegerin. Nach der Ausbildung fing ich in meinem Traumberuf ganz klein an, erst neben-, später freiberuflich in einer Spandauer Apotheke. Wir lebten sparsam und wollten so schnell es ging unser eigenes Haus besitzen. Als wir 2003 unser Haus in der Seepromenade im Falkenseer Seeviertel bauten, wurde sogleich meine eigene Praxis mitgeplant. Am 1. Mai 2004 war Eröffnung und wie die Zeit vergeht: Nächstes Jahr feiere ich hier in Falkensee bereits schon den 10. Geburtstag von „Sanity am See“…

Deutschland hatte ich sehr schnell lieben gelernt – die Ordnung, die Pünktlichkeit, ja sogar das etwas Spießbürgerliche kannte ich so aus Litauen nicht, doch ich schätze diese Eigenschaften. Was den Menschen hier manchmal fehlt, ist der Blick dafür, wie gut es uns eigentlich geht. In meiner Heimat können die Menschen sich oft an kleineren Dingen erfreuen, die hier keinen mehr groß bewegen. Aber Deutschland und Falkensee sind nicht nur ein neuer Wohnort für mich geworden, sondern viel mehr. Nämlich das, was man als HEIMAT bezeichnet. Ich fühle mich pudelwohl hier, keinesfalls als „Ausländerin“ oder „Fremde“. Das war schon in meiner Berliner Zeit so, aber in unserem familiären Multi-Kulti-Falkensee (91 Nationen leben hier!) ist es mindestens genauso. Wir haben hier sehr viele neue Freunde gefunden, junge Familien wie wir, haben sehr nette Nachbarn. Ja selbst zwei weitere Litauerinnen habe ich hier kennen gelernt! Ich könnte mir momentan keinen schöneren Ort zum Leben und Arbeiten wünschen und hoffe, hier mit meiner Familie alt zu werden…

Foto: privat


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