Und auch in diesem Jahr spucken die Gymnasien wieder einen großen Schwall frischgebackener Abiturienten aus. Für sie ist der Schulalltag vorbei. Bei manchen steht nun ein Studium an, bei anderen der direkte Einstieg ins Berufsleben. Dabei zeigt sich immer wieder: Auf manche Dinge kann die Schule ihre Schüler einfach nicht vorbereiten.
Etwa auf die harte Realität in der Wirtschaft.
Einer kennt sich hier aber aus wie kaum ein anderer: Hermann Riedl ist seit 25 Jahren im Dienstleistungsgewerbe tätig. Er hat in Top-Positionen bei Pepsico und Kentucky Fried Chicken gearbeitet und war u.a als Geschäftsführer bei McDonald‘s International tätig. Heute agiert Hermann Riedl als Buchautor für den Gabler Verlag und als Gründer und Anteilseigner eines Software-Hauses für Warenwirtschaftssysteme und Internetportale. Außerdem ist er Inhaber der Unternehmensberatung RiedlConsult für Handels und Retailsysteme und begleitet den Vorsitz eines Kompetenzteams einer Rechtsanwalts-Wirtschaftskanzlei.
„Nebenbei“ nutzt er seine Freizeit, um sich sozial zu engagieren. So gründet er gerade den Verein „Aditus“, der ehrenamtliche Redner aus der Wirtschaft und dem Mittelstand dazu animiert, ihre Erfahrung in den Abschlussjahrgängen der weiterführenden Schulen weiterzugeben.
Hermann Riedl: „In der Wirtschaft hilft es nicht, nett und höflich zu sein. Da zählt für den Personalchef: Ist der Bewerber gut für das Unternehmen? Kann er effizient arbeiten? Wird er das in ihn investierte Geld doppelt und dreifach wieder hereinholen? In meiner Karriere habe ich viele Personal-entscheidungen treffen müssen. Daher weiß ich, dass von 100 Bewerbungen am Ende nur 10 auf dem Tisch des eigentlichen Entscheiders landen – den Rest haben die Sekretärin oder der Personalreferent bereits vorab aussortiert. Der Entscheider filtert noch einmal fünf Bewerbungen aus – und lädt die übriggebliebenen Fünf zum Gespräch ein. Wichtig ist es, zu diesen Fünf zu gehören. Und das lässt sich strategisch planen. Das wichtigste Werkzeug dabei ist der Lebenslauf.“
Genau dieses wirtschaftliche Denken möchte Hermann Riedl in die Schulen tragen, solange es noch möglich ist, anein paar Stellschrauben zu drehen. Denn seiner Meinung nach macht es den Unterschied, WIE ein Lebenslauf aussieht und WAS genau in ihm steht.
Am 20. April besuchte Hermann Riedl eine Falkenseer Schule für seinen allerersten Motivationsvortrag: 12 Schüler aus dem Lise-Meitner-Gymnasium hörten sich seinen Vortrag an. Mitorganisiert hatte das Aufeinandertreffen Lehrerin Ute Reichelt, die den Seminarkurs „Studien- und Berufsorientierung“ leitet.
Hermann Riedl: „Viele Schüler rattern ihren Lebenslauf auf den allerletzten Drücker in einer halben Stunde herunter. Das ist ein großer Fehler. Denn der Lebenslauf ist ein Dokument, das man in seinem ganzen Berufsleben über Jahrzehnte hinaus immer einmal wieder benötigt. Es lohnt sich, ihn ruhig und mit Bedacht zu schreiben. Das kann sich gern über mehrere Tage ziehen, sodass man sich immer wieder Gedanken darüber machen kann, ob er nun auch wirklich vollständig, vorzeigbar und ohne Tippfehler ist. Wer seinen Lebenslauf in Word als Tabelle anlegt, kann ihn jederzeit um neue Zeilen ergänzen, sodass er mit der eigenen Karriere mitwächst. Auch ich pflege meinen Lebenslauf noch immer. Inzwischen ist er bei mir über 14 Seiten lang.“
Bei aller Kürze Mut zur Länge
Hermann Riedl rät dazu, seinen Lebenslauf mit einem Deckblatt zu versehen, das ein großes Foto, den Namen und die Adresse enthält. Er sagt: „Das Anschreiben einer Bewerbung geht oft verloren, sodass nur noch der eigentliche Lebenslauf weitergereicht wird. Hier macht das Deckblatt Eindruck. Bei einer digitalen Bewerbung sollte ein hochauflösendes Foto verwendet werden, das auch im Ausdruck nicht pixelt. Bei einer Bewerbung, die per Post verschickt wird, sollte unbedingt ein echtes Foto genommen werden. Ein Fotoausdruck auf dem Heimdrucker ist ein absolutes No-Go.“
Was genau in einen Lebenslauf hineingeschrieben wird, darüber kann man streiten. Hermann Riedl hält etwa die Zeilen über die Eltern und die Angabe der Grundschulzeit für völlig überflüssig.
Er weist lieber auf andere Dinge hin, die gern übersehen werden: „Ich kann nur jedem dazu raten, sich eine völlig neutrale E-Mail-Adresse zuzulegen, die auch ein Leben lang hält. Mail-Adressen wie Schatzimaus@gmx.de oder RapperKingKurt@t-online.de sind da sicherlich nicht Business-tauglich. Leider liest man sie in Bewerbungen immer wieder. Sie können beim Personalchef bereits ein Ausschlusskriterium sein.“
Ansonsten ist es wichtig, in einem Lebenslauf ausreichend Informationen zu verankern, die etwas über die eigene Person aussagen und die für ein kommendes Bewerbungsgespräch auch Gesprächsstoff liefern. Hermann Riedl erklärt dies so: „In 99 Prozent aller Fälle schreiben die Bewerber, dass sie ihr Gymnasium im Zeitraum X besucht haben. Aber – welche Ausrichtung hatte das Gymnasium eigentlich? War es ein mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium, eine Sportschule oder eher eine musische Schule? Und – welche Leistungskurse wurden besucht? Diese Informationen sind wichtig, sie sollten nicht unterschlagen werden.“
Elementar ist auch die Angabe der Praktika. Hermann Riedl: „Hier sollte man nicht nur das Praktikum benennen, sondern auch die entsprechende Firma kurz vorstellen und die eigenen Aufgaben benennen. Wer nicht nur Kaffee gekocht, sondern konkrete Aufgaben übernommen und Erfahrungen gesammelt hat, der kann damit punkten. Immerhin weist man so nach, dass man bereits Erfahrungen im Berufsleben gesammelt hat. Schlau ist der Schüler, der strategisch denkt und in seinen Ferien weitere freiwillige Praktika absolviert hat. Wer hier eine gute Liste in seinem Lebenslauf vorweisen kann, verkauft sich besser. Und ganz wichtig: Sich ein Zeugnis ausstellen lassen.“
Für den Verein „Aditus“ sucht Herr Riedl noch nach weiteren Freiwilligen, die wie er dazu bereit sind, ihre Erfahrungen an Schüler weiterzugeben. Die nächsten, etwa zweistündigen Vorträge werden am Goethe-Gymnasium in Nauen stattfinden. (Fotos/Text: CS)
Info: Aditus – von der Schule in Beruf, Ausbildung & Universität, Hermann Riedl, Unternehmensberatung RiedlConsult, Sonnenstraße 53, 14612 Falkensee, www.riedl-consult.de