Das Brandenburger Schlachtefest, in diesem Jahr bereits zum 23. Mal ausgetragen, wird auch gern die „kleine Grüne Woche“ genannt. Über 40 Aussteller aus der Region kamen im Erlebnispark Paaren zusammen, um die eigenen Produkte zu präsentieren. Gleich in zwei Hallen konnten sich die geschätzt 10.000 Besucher am 26. und 27. Oktober von Stand zu Stand vorarbeiten, um Kaninchenspezialitäten aus Beelitz, …
… knackige Wurst aus der Prignitz, knuspriges Backschwein aus dem Fläming oder eine Knieperkohl Schlachteplatte von den Neudorfern zu verkosten.
Sebastian König aus Berlin: „In Berlin sterben die traditionellen Fleischereien doch immer mehr aus. Hier auf dem Schlachtefest, da gibt es noch selbstgemachte Wurst und Spezialitäten vom hausgeschlachteten Schwein. Das ist für uns Besucher etwas ganz Besonderes.“
Auf ihrem Rundgang konnten die Besucher aber nicht nur mit den angereisten Fleischern sprechen und ihre besten Waren für einen schmalen Taler verkosten. Es zeigten sich auch Betriebe aus der Region, die Selbstgebrannten verkauften, Sanddornspezialitäten anboten, geräucherten Fisch anpriesen, Wein präsentierten oder Fruchtsäfte aus der eigenen Mosterei mit dabei hatten.
Eröffnet wurde das Schlachtefest vom ebenso lautstarken wie spektakulären Einmarsch vom Fanfarenzug Potsdam.
Jörg Vogelsänger, Landwirtschaftsminister des Landes Brandenburg, freute sich sichtbar über die Veranstaltung und traf bei einem Rundgang immer wieder auf gute Bekannte. Er sagte: „Auf dem Brandenburger Schlachtefest findet man Produkte aus ganz Brandenburg, das ist herrlich. Und hier geht es um den Genuss, das ist wichtig bei so einem Fest.“
Organisiert wurde das Schlachtefest vom Verband pro agro, vom Landes-Jagd-Verband und der Fleischerinnung. Der Erlebnispark Paaren stellte das Areal und half dabei, das Fest zum Erfolg zu führen. Mitgeschäftsführerin Ute Lagodka: „Wir wollen ganz klar Schaufenster des ländlichen Raums sein.“
Bodo Oehme, Bürgermeister von Schönwalde-Glien: „Hinter allen Produkten, die hier auf dem Schlachtefest zu sehen sind, stehen Landwirte, die sehr viel gearbeitet haben. Wir hoffen sehr, dass die neu gebildete Regierung in Brandenburg unseren Landwirten den nötigen Raum gibt, damit es ihnen gut geht.“
Eine echte Tradition auf dem Schlachtefest ist der Fassbieranstich. Teresa Kupka, Brandenburgs Bierkönigin 2019, passte auf, dass beim Fassanstich durch den Landwirtschaftsminister auch alles gut geht. Die Bierkönigin, im August gewählt, ist bereits Brauerin und Mälzerin – und lässt sich nun auch noch zur Braumeisterin ausbilden. Sie erklärte: „Wir präsentieren heute ein Grüngehopftes. Der Hopfen für das Bier wurde erst in diesem Herbst geerntet – von den Kleingärtnern aus Finsterwalde. Am 15. September wurde das Bier in der Brauerei von Finsterwalde angesetzt.“
Die ersten Humpen mit frisch gezapften Freibier wurden nach dem erfolgreichen Anstich sogleich unter den durstigen Gästen verteilt. So gestärkt konnte es mit der Erkundung des Angebots vor Ort weitergehen.
In einer gläsernen Produktion konnte man dabei zusehen, wie ein Wildschwein komplett zerlegt und verarbeitet wird. Ingo Noack von der Festtagsbetreuung aus Freienbrink: „Wildschweinfleisch ist sehr mager. Aber aus der durchwachsenen Rippe kann man eine wunderbare Wildschweinbulette machen. Ich gare die immer im Smoker, das ist der perfekte Genuss. Zum Thema Wild muss ich sagen: Ein besseres Fleisch kann es gar nicht geben, das ist Qualität pur. Die Tiere sind schließlich ihr Leben lang im Freien und suchen sich selbst nur das allerbeste Futter aus.“
Bürgermeister Bodo Oehme weiß das: „Ich habe immer etwas Wild vom Jäger meines Vertrauens in der Kühlung. Weihnachten kommt bei uns auch immer Wild auf den Tisch. Ich habe natürlich das Glück, dass meine Frau sehr gut kochen kann.“
Im „pro agro Kochstudio“ wurde ebenfalls gekocht, hier gab der Brandenburger Fleischsommelier Justin Hosseini aus Neuruppin wichtige Informationen zum Fleischgenuss weiter.
Richtig interessant war der Besuch in der „historischen Schlachterei“. Hier wurde gezeigt, wie unsere Ahnen noch ein Schwein zerlegt haben. Holger Wieloch aus Lübben hat eine Veranstaltungsagentur und sagt von sich selbst, dass er das Brandenburger Schlachtefest vor 23 Jahren mit ins Leben gerufen hat: „Vor vier Jahren – zum 20. Geburtstag – hat mich der Verband pro agro gefragt, ob wir nicht ein historisches Element mit anbieten können. Wir haben uns dazu entschieden, das Schlachten wie vor 50 Jahren zu zeigen. Ich denke, damals hat noch die Hälfte der Haushalte auf dem Land ihr frisch geschlachtetes Schwein selbst in der Wäschekammer zerlegt.“
Früher war vieles noch anders als heute. Da hat man nicht nur aufs Filet geschielt, sondern das ganze Tier verarbeitet. Sogar die Knochen wurden noch zermahlen, um damit die Hühner zu füttern. Holger Wieloch: „Damals sind die Kinder noch mit den Tieren aufgewachsen. Und es war ihnen klar, dass das Tier, das sie eben noch gestreichelt und gefüttert haben, irgendwann geschlachtet wird und auf den Teller landet. Sie waren auch bei den Hausschlachtungen dabei. Das war Teil der Erziehung und ganz natürlich. Viele ältere Besucher kommen zu uns und sagen: Das ist ja wie früher in der Sommerküche.“
Nicht nur in der Schlachtung, auch in der Zucht hat sich viel verändert. Holger Wieloch: „Früher musste ein Schwein vier Finger breit Speck haben, das ist vorbei. Heute werden die Schweine in die Länge gezüchtet.“ Manche Traditionen sterben aber nie. Und so gibt es nach der erfolgreichen Hausschlachtung gleich den ersten Schnaps: „Ist das Schweinchen aufgehängt, wird der erste eingeschänkt.“
Hanka Mittelstädt, Vorstandsvorsitzende beim Verband pro agro und selbst Landwirtin, Direktvermarkterin und Jägerin (in der Uckermark): „Wir erleben, dass das Interesse am Brandenburger Schlachtefest von Jahr zu Jahr wächst. Die Menschen hinterfragen: Wo kommt mein Produkt her? Die artgerechte Tierhaltung und auch Schlachtung ist ihnen wichtig. Und vor allem das Interesse an der Regionalität nimmt extrem zu.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 165 (12/2019).
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